Schon als wir Ende Februar in Miami mit “Rusty” die zweite Etappe unseres Roadtrips durch Nordamerika in Angriff nahmen, war für uns klar, dass wir gerne nach Alaska fahren würden. Und nun haben wir es am Mittwoch, 13. Juni 2018 tatsächlich geschafft, die Grenze nach Alaska zu passieren. Der Grenzübertritt war noch nie so einfach in Amerika. Der Beamte wollte lediglich wissen, wann wir in die USA eingereist sind und er zählte mit den Fingern nach, ob unser 6-monatiges Visum noch nicht ausgeschöpft ist. Keine anderen Fragen. Er wollte nicht mal wissen, wie lange wir in Alaska bleiben wollen. Vermutlich weiss er aus Erfahrung, dass die meisten nicht ewig bleiben. Wir könnten immerhin bis Ende August 2018 bleiben, aber dies ist definitiv nicht so geplant.

Kaum in Alaska sahen wir auch schon den ersten Elch in freier Wildbahn. Was wir auch festgestellt haben, dass in Amerika generell besseres Wetter herrscht. Ob das hier oben auch zutrifft? Nach einer düsteren und nassen Verabschiedung aus Canada, begrüsste uns Alaska mit schönem Wetter. Zudem hatten wir eine Zeitverschiebung um eine Stunde, so dass wir gegenüber der Schweiz nun 10h Differenz hatten.

Nun fuhren wir unsere ersten Meilen, eine unglaublich lange und sehr schöne Bergkette begleitete uns. Es lag noch viel Schnee auf den Gipfeln und irgendwie fühlte es sich wie Alaska an.
Nach über 500km erreichten wir den Übernachtungsspot auf dem Thompson Pass. Der Schnee war zum Greifen nahe und mit fantastischer 360 Grad-Sicht auf die schneebedeckten Berge. Ein wirklich einmaliges Panorama und dies lag gerade mal auf 800m über Meer.

 

Auf dem Weg zum kleinen Küstenort Valdez kamen wir an vielen schönen Wasserfällen vorbei. Valdez ist ein kleines Örtchen an der Pazifikküste, wo viele Fischer mit ihren Booten rausgehen, um zu angeln. Es ist der schneereichste Ort in Amerika und normalerweise haben sie schlechtes Wetter mit relativ viel Niederschlag. Wir hatten das Glück einen sehr sonnenreichen Tag erwischt zu haben, welchen wir in vollen Zügen genossen. Am Nachmittag zogen bereits die ersten Wolken auf und das schlechte Wetter war im Anmarsch. Kurz bevor wir Valdez verliessen, konnten wir einige Weisskopfadler beobachten, welche an der Küste Futter jagten.
Wir fanden in der Nähe einen Übernachtungsspot am Fluss und assen draussen, um die Aussicht zu geniessen. Allerdings packten wir nach dem Abendessen unsere Sachen wieder zusammen und fuhren weiter. Unzählige Moskitos umlagerten uns, was es sehr ungemütlich machte. Deshalb entschieden wir uns, zum Spot mit der 360 Grad-Sicht zurückzukehren, wo sogar das Wetter noch besser war als unten am Fluss. Dort gab es auch keine Moskitos 🙂  Als wir am nächsten Morgen aufwachten, waren wir von dickem Nebel umgeben und die Sicht war auf wenige Meter beschränkt. Von der wunderschönen Umgebung war rein gar nichts mehr zu sehen und es war eisigkalt. Willkommen in Alaska 😉

Der ganze Tag war grau und verregnet und wir entschieden uns in Richtung Anchorage zu fahren. Unterwegs begleitete uns wieder eine riesige schneebedeckte Bergkette, welche teilweise sogar mit Gletschern gespeist war.

Einmal mehr mussten wir feststellen, wie viel das Wetter ausmacht. Vor allem kalt und Regen war eine üble Kombi. Immerhin hatten wir die zwei Tage zuvor sehr schönes Wetter, so dass wir die wunderbare Umgebung um Valdez geniessen konnten.

 

In Anchorage leben etwa 300’000 Einwohner und man merkt, dass es eine Grossstadt ist. Das verlassene Alaska-Feeling war verflogen. Dafür hatten wir seit langem wieder mal alles: Walmart, Starbucks, McDonalds etc. Es war nun an der Zeit, unseren Van “Rusty” auszuschreiben, denn unser Ziel war es, ihn Ende Juli 2018 in Vancouver (Canada) zu verkaufen. Im Starbucks setzten wir dies in die Tat um und publizierten ihn auf verschiedenen Plattformen. Am nächsten Tag hatten sich bereits vier Leute darauf gemeldet.
Wir fanden in Anchorage eine Schwimmhalle, wo wir wieder mal unsere Bahnen ziehen konnten. Des weiteren gibt es noch einen kurzen Boardwalk, wo man Wildlife beobachten kann. Nebst zwei Elchen und ein paar Gänsen haben wir allerdings nichts gesehen. Generell hatten wir in Alaska mehr wild lebende Tiere erwartet, denn auf dem Weg hierher haben wir doch unzählige Bären direkt am Strassenrand gesehen. Nach fünf Tagen in Alaska haben wir keinen einzigen Bären und insgesamt nur etwa fünf Elche gesehen. 

 

Graue, dicke Wolken hingen vom Himmel und es regnete. Alaska überzeugte uns nach der anfänglichen Begeisterung nicht mehr so. Obwohl es von der Route her mehr Sinn gemacht hätte, von Anchorage südlich zu fahren, entschieden wir uns für den Norden, denn die Wettervorhersage für den Süden war richtig schlecht. So ging die Reise zum Denali Nationalpark weiter. Bereits bei der Einfahrt des Parks begegneten uns Elche. Zwei sogar mit je einem Jungtier. Wir erhofften uns nun endlich mal ein bisschen mehr Tiere zu sehen, allerdings blieb es bei der Hoffnung.

Im Denali Nationalpark kann man einen Teil mit dem eigenen Auto zurücklegen (ca. 15km), aber für den grössten Teil muss man einen Bus nehmen, wobei ein Ticket ab USD 40.-/P. zu haben ist. Wir fuhren die 15km mit dem Van und wanderten dort einen Trail entlang des Flusses. Der Bus war uns ehrlich gesagt etwas zu teuer und es hatte sehr viele Touristen. In diesem Nationalpark ragt der höchste Berg Nordamerikas (Mount Denali) empor, allerdings sah man den bei dem teilweise bewölkten Himmel leider nicht.

 

Weiter ging es in Richtung Norden nach Fairbanks, wo uns die Sonne entgegenlachte und wir bei 27 Grad endlich wieder mal kurze Sachen tragen konnten. Herrlich! Nachdem wir unsere Essensvorräte aufgestockt hatten, war unser Ziel zum Arctic Circle zu fahren. Der Dalton Highway war unasphaltiert und die Lastwagen bretterten im Eiltempo die Strassen hoch. Nach etwa 3 Meilen entschieden wir uns umzukehren. Nebst der nicht so guten Strasse schreckten uns die vielen hohen Berge ab und davon gab es noch einige zu überqueren bis wir beim Arctic Circle ankämen. Wir hätten noch rund 120 Meilen (193km) zurücklegen müssen. Vielleicht hätten wir es mit Ach und Krach und vielen Pausen geschafft, aber irgendwie war es uns dies dann doch nicht wert. Es wäre auf jeden Fall schön gewesen, einen Tag vor der Sommersonnenwende dort zu sein, wenn die Sonne nicht untergeht.
Wir fuhren wieder etwas südlicher bis wir einen schönen, grossen Parkplatz fanden, wo wir die Zeit draussen zum relaxen geniessen konnten. Nachts um 1.30 Uhr war es noch taghell. Irgendwie sehr speziell, denn man ändert automatisch den eigenen Tagesrythmus. Man geht viel später ins Bett und steht somit auch später auf.

 

Am Tag der Sommersonnenwende (21.6.) hatten wir unglaubliche 29 Grad und somit nochmal einen schön warmen Tag. Wir waren in der Nähe von Fairbanks und gönnten uns nach 17 Tagen wild campen wieder mal einen offiziellen Campingplatz. Wir vermissten diese warmen Tage schon etwas, wo man gemütlich draussen sitzen konnte. Vor allem auch, weil die Tage ja so lange sind und das campen Spass machen würde.

Nachts setzte der Regen ein und die Moskitos waren aktiv. Es hatte unzählige davon und viele haben es sich in unserem Van gemütlich gemacht und uns die Ohren vollgesummt. Zwar haben wir Moskitonetze, aber vermutlich sind sie reingeflogen, als wir am Nachmittag die Türen noch offen hatten, um die Wärme rauszulassen.

Nach einer Joggingrunde am Morgen, wo am Ende der Regen einsetzte, spürten wir wieder das typische Alaska Wetter. Es war auch gerade noch 15 Grad. An dem Tag fuhren wir 690km in Richtung Süden vorbei an Anchorage bis wir etwa 1,5h vor Seward am Strassenrand übernachteten. Weshalb wir es so eilig haben? Weil das Wetter für Seward und Homer nur fürs Wochenende schön angesagt war und dies wollten wir ausnützen. Auf unserer Fahrt sahen wir tatsächlich auch mal einen Schwarzbären. Da es für die meisten Leute wohl die Sensation war, hielten etwa acht Fahrzeuge, um den Bären zu beobachten und zu fotografieren. Ebenfalls auf dieser Strecke lag der Portage Glacier, welcher sich für einen kurzen Fotostop lohnt.

Auf dem Weg zurück nach Anchorage fuhren wir wie schon auf dem Weg nach Fairbanks am Matanuska Glacier vorbei. Dieses Mal sahen wir die Grösse des eindrücklichen Gletschers um einiges besser da die Wolkendecke etwas höher hing. Ein regelrechter Hingucker.

 

Unser Ziel war der Küstenort Seward, welcher sehr bekannt und touristisch ist. Es gibt dort wohl mehr Touristen als Einheimische. Der Ort gilt als Ausgangspunkt für Whale Watching und Gletschertouren. Allerdings haben wir dies aus Kostengründen nicht gemacht.

Der Exit Gletscher ist unweit von diesem Örtchen entfernt und lohnt sich auf jeden Fall hinzufahren. Es ist zwar ein Nationalpark, aber der Eintritt ist frei. Man kann verschiedene Trails laufen und kommt so näher an den Gletscher ran. Es gibt immer wieder Markierungen mit Jahreszahlen, woran man erkennen kann, bis wohin der Gletscher früher kam. Auffällig ist, dass er vor allem in den letzten Jahren recht schnell zurückgegangen ist.
Für den nächsten Tag war bestes Wetter vorhergesagt, weshalb wir den Trail wandern wollten, wo man bis zum Eis hinkommt. Leider war es grau und nur grau, so dass wir uns nicht motivieren konnten, den zu wandern und mit grosser Wahrscheinlichkeit wäre die Sicht sehr schlecht gewesen.

 

Deshalb ging unsere Reise weiter nach Homer. Unterwegs konnten wir an einem Strand mehrere Weisskopfadler und Möwen beobachten, die Fische frassen. Kam ein Weisskopfadler angeflogen, machten die Möwen gleich den Platz frei. Was für ein Naturschauspiel.
Auch Homer ist ein kleines Küstenörtchen und die südlichste Stadt Alaskas, wo man mit dem Auto hinfahren kann. Wir übernachteten direkt am Strand auf einem Campingplatz mit Blick aufs Meer und die Berge.

In den letzten Tagen haben wir uns dabei erwischt, wie wir abends gesagt haben “Morgen ist das Wetter bestimmt besser” (gemäss Vorhersage). Als wir am nächsten Morgen aufgewacht sind, war es meistens schlechter als am Vorabend. Denn auch an diesem Morgen hingen die Wolken noch tiefer und der Regen setzte ein. Irgendwie verlieh es dem Ort auch etwas mystisches.

Die Lachssaison ist generell erst im Juli/August, aber wir fanden einen der wenigen Orte, wo es bereits im Juni welche zu sehen gibt. Ein Trail führt zu einer Plattform, wo man die Lachse bestens beobachten kann. Es war eindrücklicher als wir dachten, denn sie schwimmen gegen den Strom und es war ein reissender Fluss. Immer wieder sprangen welche aus dem Wasser und machten Pirouetten. Selbstverständlich hätten wir gerne Bären gesehen, welche die Lachse aus dem Fluss fischen und verspeisen, aber das sieht man definitiv erst im Juli/August.

 

Inzwischen waren wir wieder auf dem Weg nach Anchorage, wo wir für einen Skype Call verabredet waren. Zwei junge Deutsche waren an unserem Van interessiert und wollten ihn kaufen. Nach einem 50-minütigen Gespräch stand für beide Parteien fest, dass der Deal klappt und wir verabredeten uns für die Übergabe am 28. Juli 2018 in Vancouver. Ideal für uns, denn so konnten wir unsere Flüge in die Heimat buchen und konnten noch etwas günstigere Tickets ergattern. Nein, unsere Reise endet noch nicht, sondern wir machen einen Kurzurlaub Zuhause, bevor wir wieder weiterziehen 🙂

Am Nachmittag gingen wir in Anchorage in den Alaska Zoo. Weshalb wir in einen Zoo gingen? Nun ja, wir wollten mal die Tiere sehen, die in Alaska leben, denn bis anhin sahen wir kaum welche. Es ist ein schön angelegter Zoo und wir sahen ein paar Tiere, denen wir noch nicht begegnet sind. Die Braunbären balgten gerade miteinander rum als wir bei ihnen waren, was sehr eindrücklich war, denn es waren echt grosse Bären. Sowas sieht man in der Natur wohl eher nicht. Natürlich bevorzugen wir die Tiere nach wie vor lieber in freier Wildbahn und ohne Zäune.

 

Unser letzte Nacht in Alaska verbrachten wir bei einem Aussichtspunkt mit gigantischer Sicht zum Mount Wrangell-St.-Elias. Vor uns lag ein riesiges Tal und dahinter erhoben sich die wunderschönen verschneiten Berge. Gerne wären wir mit dem Van näher an die Bergkette gefahren, doch die Strasse war leider unasphaltiert, weshalb wir uns dagegen entschieden hatten. Bei einem gemütlichen Abendessen liessen wir Alaska ausklingen.

 

Wie stellt man sich Alaska vor? Wir dachten, es sei recht verlassen im Nirgendwo, wo wir viele Tiere wie Elche oder Bären beobachten können. Vermutlich gibt es diese Ort auch, aber eher dort, wo man mit dem Auto nicht hinkommt. Schaut man sich Alaska auf der Karte an, ist es riesig (grösster Bundesstaat Amerikas) und schaut man sich das Strassennetz an, ist es klein. Es gibt nur wenige Strassen, die man als Tourist bereisen kann und dort hat es entsprechend Verkehr und Menschen. Im Norden Canadas war es viel dünner besiedelt als in diesem Teil Alaskas. Vielleicht klingt es, als wären wir etwas enttäuscht von Alaska. Jein, wir hatten einfach eine andere Vorstellung, wie es in Alaska sein wird. Das Wetter ist wohl etwas vom unberechenbarsten in Alaska und auf die Vorhersagen kann man nicht zählen. Auf jeden Fall waren wir sehr happy, dass wir es mit “Rusty” nach Alaska geschafft haben 🙂 Eigentlich war es schlussendlich gar kein Problem mit dem Van hier hoch zu fahren, da die Berge und Strasse nicht so anspruchsvoll waren wie wir befürchteten.
Grosse Teile Alaskas liegen im Sumpf. Dies kommt hauptsächlich von der Schneeschmelze und hat zur Folge, dass sich Moskitos wunderbar fortpflanzen können. Wir waren sehr überrascht von dieser Tatsache, an vielen Orten von den kleinen Vampiren umschwärmt zu werden. An den Küstenorten hatte es glücklicherweise kaum welche.

Für mich ist die Landschaft von Alaska recht austauschbar. Auf jeden Fall ist sie wunderschön, jedoch besteht sie hauptsächlich aus schneebedeckten Bergen, Gletschern, Seen, Flüssen, Wasserfällen und vielen vielen Bäumen. Vermutlich trifft man auf ein anderes Alaska, wenn man mit dem Schiff einige Orte anfährt, wo man mit dem Auto nicht oder nur schwer hinkommt.

Nach 2 1/2 Wochen war es nun an der Zeit, Alaska den Rücken zu kehren und den Weg in Richtung Vancouver einzuschlagen. Am Freitag, 29. Juni 2018 überquerten wir abends die Grenze nach Canada.

Highlights: Valdez und Umgebung, wunderschöne schneebedeckte Bergketten, sehr lange Tage

Lowlights: viele Moskitos, unberechenbares und sehr wechselhaftes Wetter