Am Freitag, 29. Juni 2018 verabschiedeten wir uns von Alaska und überquerten die Grenze nach Canada. Wir fuhren an dem Tag nur noch bis zum Kluane Lake, wo wir einen wunderbaren Schlafspot am See fanden. Rundherum war das Wetter nicht ganz so gut, aber wir hatten Sonne und chillten am See. Die Aussicht auf die schneebedeckten Berge des Kluane Nationalparks war beeindruckend und der Sonnenuntergang dank der Wolken und Rotfärbung wundervoll.

Der nächste Tag sah zunächst ziemlich trist aus, so liessen wir uns mit dem Frühstück Zeit und siehe da, die Sonne zeigte sich schon wieder. Wir spazierten entlang des Sees, als ein Pickup runterfuhr und der Fahrer uns sagte, dass eine Grizzlymutter mit ihren zwei Jungen auf dem Weg hierher sei. Klar hatten wir den Bärenspray dabei, jedoch fühlten wir uns im Van etwas sicherer als zu Fuss. Wir gingen zurück zu “Rusty” und fuhren die Strasse hoch. Eik bestieg einen kleinen Hügel, um Ausschau nach den Bären zu halten und er sah sie tatsächlich. Kurze Zeit später näherten sie sich der Strasse und wir konnten sie wunderbar beobachten. Der eine Jungbär war etwas frecher als der andere. Wir standen in sicherer Entfernung von ihnen am Strassenrand (ausserhalb von “Rusty”), machten Fotos und filmten (wie so viele andere Touristen auch). Plötzlich rannte der freche Jungbär in unsere Richtung während wir am Filmen waren. Eik und ich machten einen Riesensatz zurück zum Van, um uns in Sicherheit zu bringen und als wir wieder hinschauten, war der Bär noch fast immer an Ort und Stelle. Wir fühlten uns regelrecht veräppelt und vermutlich hat der Bär über uns gelacht 😉
Etwas später ist die Bärenfamilie den Weg runtergelaufen, wo wir die Nacht zuvor verbracht hatten und wir folgten ihnen. Die drei Bären waren nun am See, spielten mit Steinen im Wasser und balgten herum. Eik und ich waren die einzigen Zuschauer und durch unseren grossen Abstand liessen sie sich nicht stören. Es war ein grandioses und wohl einmaliges Erlebnis, eine Grizzlyfamilie so nah beobachten zu können. Unglaublich! Grizzlys sind für uns die schönsten Bären, denn sie sehen so süss knuffig aus, wie Teddybären. Jedoch sind es nach den Polarbären auch die aggressivsten Bären, man sollte sich also nicht vom Aussehen täuschen lassen. Nach rund 2h, unzähligen Fotos und Videos, liessen wir sie dann weiterziehen. Theoretisch hätten sie uns genau so gut einen Tag zuvor an unserem Schlafplatz besuchen können, denn genau dort liefen die drei vorbei. Wie wir dann wohl reagiert hätten, wenn wir gemütlich auf unseren Stühlen an der Sonne gesessen wären?

 

Südlich von Haines Junction liegt der Kathleen Lake, ein sehr schöner See im Staate Yukon. Wir wanderten in Richtung King’s Throne, aber wendeten nach 3,4km. Der Anstieg war steil und rutschig durch das lose Gestein und dies wurde je höher wir kamen nicht besser. Zudem meinte eine entgegenkommende Frau, dass wahrscheinlich bald der Regen einsetze und wir vorsichtig sein sollen. Wir sahen schon die heranziehenden Gewitterwolken. Eik wäre noch weitergelaufen, aber wir konnten uns nicht trennen, da wir nur einen Bärenspray dabei hatten. So blieb ihm nichts anderes übrig, als mit mir zum See zurückzukehren und die letzten Sonnenstrahlen zu geniessen ;) Wir taten es uns an dem Tag sehr schwer, einen Schlafplatz zu finden. Überall wo wir anhielten, waren wir in kürzester Zeit von unglaublich vielen Moskitos umzingelt. Schlussendlich übernachteten wir beim Kathleen Lake Viewpoint auf dem Parkplatz. Auch dort hatte es viele Moskitos und wir hatten zwischen 30 und 40 im Van, welche uns die halbe Nacht nicht schlafen liessen. Was für eine Plage…

 

Während unserer morgendlichen Joggingrunde in Whitehorse konnten wir zwei Elche beobachten, die im Fluss ihr Frühstück verzehrten. Es war traumhaftes Wetter und sogar richtig warm. Wir liessen in der Stadt einen letzten Ölwechsel machen und den Keilriemen ersetzen. Der Keilriemen quietschte, weshalb wir es nicht riskieren wollten, dass wir irgendwo unterwegs nach Vancouver stehenbleiben. Zudem wollten wir den Van so nicht unseren Käufern übergeben. Wir stockten unsere Essensvorräte für die nächsten 5 bis 7 Tage auf, denn wir wussten, dass wir so schnell nicht nochmal an einem grösseren Supermarkt vorbeikommen würden.

Südlich von Whitehorse befindet sich das Seengebiet, auch Southern Lakes genannt. Davon ist einer der wohl schönsten Seen Canadas, der Emerald Lake. Der Bergsee hat viele verschiedene Blau- und Grüntöne, was mit dem nach wie vor sonnigen Wetter mega schön aussah. Ein perfekter Ort, unsere Drohne steigen zu lassen 🙂
Kurz nach dem Emerald Lake kommt man an der kleinsten Wüste der Welt vorbei, der Carcross Wüste. Sie ist wirklich sehr klein und übersichtlich, aber immerhin haben sie eine Wüste. In der Nähe sahen wir weit oben zwei weisse Bighorn Sheeps. Wir hielten an und Eik machte mit seinem Zoomobjektiv ein paar Fotos. Wie sich später herausstellte, waren es lediglich Plastikfiguren, die sie weit oben platziert hatten. Was für ein Beschiss! Natürlich mussten wir lachen, denn vermutlich meinen die meisten, dass es echte Tiere waren und machen Fotos wie wir dies auch taten. Allerdings werden es vermutlich die wenigsten herausfinden, dass es keine echten Tiere waren.

 

Am Little Atlin Lake fanden wir einen herrlichen Spot am See und da es immer noch so schön warm war, beendeten wir unseren Tag bereits am Nachmittag und genossen die Sonnenstrahlen. Es war schon unzählige Tage her, dass wir mit kurzen Sachen draussen sitzen konnten, oh wie habe ich das vermisst… Am späteren Nachmittag landeten ein paar kleine Fliegen auf unserem Tisch. Ich fand sie hatten noch ein lustiges Schwanzende und beim näheren betrachten, sahen wir, dass sie gerade ein Junges gebaren. Das Kleine war wie in einem kleinen Kokon und nach kurzer Zeit schlüpfte dieses aus und flog davon. Zu Beginn fanden wir es sehr faszinierend, jedoch wurden es dann unglaublich viele. Unser Tisch war voller gebärender Fliegen. Auch die Seite von unserem Van war voller Fliegen. Wohl bemerkt, die Kokons bleiben zurück und kleben dann quasi auf dem Tisch bzw. am Van.

Am nächsten Tag machten wir uns langsam auf Richtung Vancouver. Es war noch ein weiter Weg und wir wollten noch ein paar Sidesteps einlegen. Zwar wäre es noch schön gewesen den Atlin Lake mitzunehmen (die beliebteste Feriendestination im Yukon), aber dies wären wieder 400km zusätzlich gewesen. Wir haben auf unserer Reise merken müssen, dass es selbst mit solch einem grossen Zeitbudget was wir haben nicht möglich ist, alle Highlights zu besuchen. Aber das ist auch nicht weiter schlimm, so gibt es immer wieder einen Grund wieder zu kehren.

Nach langer Fahrt durch immer gleichaussehender, wundervoller Landschaft (Bäume, schneebedeckte Berge, Seen, Blumenwiesen), gönnten wir uns einen Campingplatz am Teslin Lake. Viel kann man dort nicht machen und der See war auch nicht so speziell im Vergleich zu denen im Norden, aber wir genossen einfach die Zeit, draussen sitzen zu können. Auf unserer Weiterfahrt sahen wir einen Bären am Strassenrand. Das Fell sah lustig aus, denn ein Teil des Winterfells hatte er noch dran und ein Teil war weg. Er sah aus wie ein kleiner Punk.

Fährt man von Whitehorse in den Süden, gibt es sehr lange nur den Alaska Highway, den man fahren kann. Wir entschieden uns, dieses Mal nicht die ganze Zeit diesen Highway zu fahren, denn die Strecke kannten wir schon. Rund 22km vor Watson Lake geht der Stewart-Cassiar-Highway rechts weg, welchen wir fahren wollten. Diese Strasse war recht unbefahren und unterwegs gab es sozusagen nichts. Genau so hatten wir uns eigentlich Alaska vorgestellt. Einsam und verlassen. Täglich sahen wir mindestens einen Schwarzbären am Strassenrand.

Am Boya Lake, auch See der Inseln genannt, legten wir einen Stop ein, um unsere Füsse zu vertreten. Es gibt zwei Trails, die man laufen kann. Beide sind etwa 3km (return). Einer führt zu einem Bieber Damm, welchen wir sehr eindrücklich fanden, denn dort haben tatsächlich die Bieber einen riesigen Damm selbst erbaut und das mit recht grossen Baumstämmen und Ästen. Der andere Trail war leider gesperrt, weil dort ein Problembär unterwegs war. Sie haben sogar eine Bärenfalle aufgestellt, damit sie ihn so vor dem Campingplatz einfangen konnten. Der Campingplatz lag unmittelbar daneben, weshalb es vermutlich nicht optimal wäre, wenn ein etwas unentspannter Bär vorbeikommen würde.

 

An das wechselhafte Wetter haben wir uns inzwischen gewöhnt, aber an die Moskitos nicht. Es war nach wie vor eine Plage. Jeden Abend erlegten wir im Bett mindestens noch 10 Mücken. Keine Ahnung, wie die immer reingekommen sind. Vielleicht waren unsere selbstgebauten Moskitonetze doch nicht so dicht wie wir dachten oder es gab eine andere Öffnung. Jedenfalls war dies sehr, sehr lästig. Aber ja, wenigstens verbreiten die Mücken in Canada keine Krankheiten wie Malaria.

Ansonsten war der Stewart-Cassiar-Highway wie der Rest vom Norden Canada, weitläufig, unzählige Seen, Berge, Wälder und menschenleer. Es gibt viele Recreation Sites entlang der Strecke, wo man kostenlos campen kann und einfache Infrastruktur (Plumsklo, Feuerstelle, Bänke) vorfindet. Wir wählten immer Spots an schönen Seen mit Bergpanorama und meistens hatten wir den ganzen Spot für uns allein.

In Richtung Stewart kamen wir am Bear Glacier vorbei. Kurz darauf hielten wir an, um ein paar Fotos zu machen. Es hatte unzählige Wasserfälle, welche die bewachsenen Bergmassive runterstürzten. Etwa 150 Meter gingen wir zu Fuss der Strasse entlang. Als wir wieder im Van sassen und vom Parkplatz rausfahren wollten, sah ich im Rückspiegel, dass ein Schwarzbär genau dort über die Strasse ging, wo wir einen Augenblick zuvor standen und Fotos geschossen hatten. Zum Glück kam der nicht vorher aus den Büschen. Gut, Bärenspray hatten wir dabei, aber dennoch bevorzuge ich nach wie vor Bären aus dem Van beobachten zu können.

Stewart ist ein herziger kleiner Ort, wo es nicht viel gibt und dennoch irgendwie Charme hat. Unser Ziel war an dem Tag der Salmon Gletscher. Um dorthin zu kommen, fährt man 18km durch Alaska (USA) an Hyder vorbei. Hyder ist noch viel kleiner als Stewart und hat noch weniger zu bieten. Die Strasse zum Gletscher war nicht asphaltiert und hatte recht viele Löcher. Dennoch hat sich der Weg zum Aussichtspunkt absolut gelohnt. Wow! Nach dem Perito Moreno Gletscher in Argentinien belegt dieser in unserem Ranking den zweiten Platz. Er ist unglaublich gross und man kann beim Viewpoint übernachten, was wir natürlich auch taten. In Stewart kauften wir uns zuvor ein Schweizer Fondue aus dem Appenzell und genossen dieses mit Sicht auf den Gletscher. Was für eine einmalige Kulisse und endlich wieder mal richtig leckeren Käse. Yummmmmy!
Wir lernten ein sehr nettes Pärchen aus Paris kennen, die mit ihrem 4WD Camper und ihren zwei kleinen Kindern seit zwei Monaten unterwegs waren und zum Ziel hatten, innerhalb eines Jahres bis nach Patagonien zu fahren. “Bon voyage!”.

Als wir am nächsten Morgen aufgewacht sind, sahen wir nichts mehr vom Gletscher. Eine dicke Nebelfront verdeckte alles. Man konnte nicht mal mehr erahnen, was sich für ein riesiger Gletscher gegenüber befindet. Ganz kurz hatte es aufgerissen, aber auch nur für ein paar wenige Minuten. Es wurde uns bewusst, was wir am Vortag für ein grosses Wetterglück hatten, den Gletscher in seiner vollen Pracht bestaunen zu können. Es kamen immer wieder Leute zum Viewpoint, die den Gletscher sehen wollten und einfach nur Pech hatten.

 

Auf dem Retourweg nach Stewart kamen wir am Fish Creek vorbei. Dort, wo man die Bären beim Lachs fischen beobachten kann. Leider gab es noch keine Lachse, weshalb man dies auch nicht beobachten konnte. Der Ranger wusste nicht, wann es soweit sein wird. Es könne jeden Tag soweit sein, aber so genau könne man das nicht planen. Meistens seien sie aber so um den 15. Juli gekommen. An dem Tag als wir dort waren, hatten wir den 10. Juli. Um wieder nach Stewart zu kommen, mussten wir den Grenzposten nach Canada überqueren. Für die Durchfahrt nach Alaska interessierte sich kein amerikanischer Grenzposten bzw. es gibt gar keinen. Möchte man wieder nach Canada einreisen, werden einem allerdings viele Fragen gestellt. Eigentlich lustig, denn man kommt nur über diese eine Strasse von und zum Salmon Gletscher. Das heisst, man fährt von Stewart (Canada) über Hyder (Alaska) zum Gletscher (Canada) und genauso wieder zurück.
Wir übernachteten zwei Nächte in der Nähe von Stewart und fuhren am 12. Juli 2018 nochmal zum Fish Creek. Leider waren nach wie vor keine Lachse in Sicht 🙁 Da das Wetter nicht gerade gut war, entschieden wir uns weiterzuziehen und auf dieses Spektakel verzichten zu müssen.

Die kommenden Tage verbrachten wir draussen und dies meistens an einem See. Es gibt unzählige Seen mit kostenlosen Campingplätzen und das Wetter war endlich mal beständig und schön warm. Der Sommer ist da! Seit wir Yukon und den Stewart-Cassiar-Highway verlassen hatten, waren die Spots nicht mehr ganz so einsam. In British Columbia (BC) gab es bereits wieder viel mehr Menschen. Vor allem an den Wochenenden verbrachten die Einheimischen die Zeit im Freien. Auch Bären oder Elche haben wir schon mehrere Tage nicht mehr gesichtet.

Auf dem Weg lag das ‘Ksan Historical Village, welches zum kleinen Ort Hazelton gehört. Es gibt ein Museum und man sieht verschiedene Totem Poles von den First Nations.

 

Über Prince George ging es weiter zum Mount Robson Park. Dort befindet sich der höchste Berg der kanadischen Rockys und wir hatten fantastisches Wetter. Sonnenschein und blauer Himmel bei 27 Grad. Wir wanderten zum Kinney Lake (9km return). Es war ein einfacher Trail und um die kühle Brise des Gletscherflusses waren wir sichtlich froh. Da wir unser Zelt ja bereits Moni’s Bruder mitgegeben hatten, konnten wir leider den schönen zwei Tagestrail nicht machen. Aber wie schon erwähnt, ein weiterer Grund nochmal zurück zu kommen.

 

Am selben Tag fuhren wir weiter zum Jasper Nationalpark. Da das Wetter bei unserem ersten Besuch Anfangs Juni 2018 recht mies war, entschieden wir uns, nochmal den Icefield Parkway zu fahren. Diese schöne Panorama Route verbindet die beiden beliebtesten Nationalparks Canadas, Jasper und Banff. Es lag im Juni fast alles in dicken Wolken und nun fuhren wir von Norden nach Süden. Und ja, es war der richtige Entscheid, denn die Strecke ist wirklich sehr schön. Die vielen Gletscher waren prächtig zu sehen und wir übernachteten auf dem Parkplatz des Columbia Icefield Discovery Centres. Dort ist es erlaubt, über Nacht zu stehen und man hat einen direkten Blick auf die vielen Gletscher (CAD 15.70/Nacht).
Beim einen Gletscher kann man ein Stück hochlaufen, was wir auch getan haben. Man musste schon fast darum kämpfen, einen Parkplatz zu bekommen. Das war bereits am Vortag im Mount Robson Park der Fall.
Eigentlich wollten wir zum Moskito Lake Campground, fanden allerdings einen früheren und zwar den Waterfowl Lakes Campground. Es war erst kurz vor 15.00 Uhr und wir ergatterten den letzten Platz. Wohl bemerkt von insgesamt 110! So war es also in der Hochsaison. Nach 15.00 Uhr sind selbst die grossen Campingplätze ausgebucht. Das war ja eigentlich gar nicht unseres so früh an einem Ort einzukehren, jedoch hatten wir keine andere Wahl, denn wild campen ist im Nationalpark untersagt. So zahlten wir die CAD 21.50 (CHF 16.-) und genossen den restlichen Tag am See mit herrlicher Sicht auf die Berge.

 

Die Tage waren inzwischen nicht mehr so lange wie noch im Norden von Canada und Alaska. Um 22.07 Uhr war Sonnenuntergang und um 05.51 Uhr -aufgang. Ehrlich gesagt waren wir nicht mal böse. Klar war es mal cool, dies zu erleben, dass es nie dunkel wird, aber wir hatten dadurch auch einen anderen Tagesrythmus. Im Norden Alaskas war es besonders skurril und wir machten die Nacht zum Tag. Es spielte einfach keine Rolle, denn es war immer taghell.

Vom Banff Nationalpark ging es über Golden, Revelstoke nach Salmon Arm. Wir stockten unsere Vorräte auf und weiter ging es in Richtung Clearwater. Google Maps schlug uns eine Route am Adams Lake entlang vor, welche wir auch fuhren. Leider war die Strasse nach einigen Kilometern nicht mehr asphaltiert, aber in einem recht guten Zustand. Auf der rechten Seite war der Adams Lake Provincial Park ausgeschildert, wo man übernachten kann. Da es inzwischen 17.00 Uhr war und es sonst nicht viele Schlafplätze in dieser Gegend gab, steuerten wir den Campingplatz an. Auch diese Nebenstrasse war unasphaltiert und etwas schlechter. Plötzlich gab es ein riesen Knall. Sofort bremste ich. Mein erster Gedanke war: Auspuff. Eik sagte sofort: “wir haben einen Platten.” Er stieg aus und bestätigte leider diese Vermutung. Was für ein Mist! Eine Woche vor dem Verkauf! Oh Mann… Ich rollte den Van auf die gegenüberliegende Seite, um nicht mitten in der Strasse zu stehen. Auf der rechten Seite ging es den Hang runter, weshalb wir dort nicht den Reifen auf der Beifahrerseite wechseln hätten können. Glücklicherweise hatten wir ja noch ein Ersatzrad dabei. Es dauerte nicht lange, als einer mit dem Motorrad vom Campingplatz hochkam. Er hörte den Knall und fragte uns, ob wir Hilfe brauchten. Etwa 5 Minuten später kam ein Pick-up von oben, hielt an und fragte ebenfalls, ob wir Hilfe benötigen. Nun ja, da wir inzwischen festgestellt hatten, dass unser Wagenheber wohl etwas eingerostet war, sagte ich sofort “ja, sehr gerne!”. Er brachte die Familie zum Campingplatz und kam wieder zu uns mit seinem Kollegen. Währenddessen lief ich zum Campingplatz, um zu schauen, ob überhaupt noch ein Platz frei ist. Leider alles ausgebucht. Auch das noch… Mike, der Pick-up Fahrer meinte, dass wir in der Day Use Area stehen könnten. Es ist zwar nicht erlaubt, aber scheinbar kontrollierten sie erst am Folgetag gegen Mittag, ob alle bezahlt haben und ordentlich stehen. Mit Hilfe von Mike und seinem Kollegen (Ian) ging der Radwechsel recht schnell. Durch den Reifenplatzer löste es eine Druckwelle aus und sprengte ein riesiges Loch in die Seitenwand hinter dem Radkasten. Spätestens jetzt ist wohl nun allen Lesern klar, weshalb wir unseren Van “Rusty” getauft hatten, denn so schnell gibt es wohl sonst nicht so ein Loch in die Carosserie 😉 Das Loch in der Seitenwand machte uns mehr Kopfzerbrechen als der Reifenplatzer. Den Reifen konnten wir problemlos ersetzen, aber nicht ein Teil der Carosserie eine Woche vor dem Verkauf… Der Motorradfahrer gab uns den Tipp, ein Duct Tape zu kaufen, damit dort kein Wasser reinlaufen könne. Als das Ersatzrad fertig montiert war, fuhren wir zum Campingplatz und wollten uns bei Mike und Ian nochmal bedanken. Für uns ist ihre Hilfsbereitschaft absolut nicht selbstverständlich. So gingen wir zu ihrem Stellplatz, wo ein weiterer Kollege, ihre Frauen und Kinder das Wochenende gemeinsam verbrachten. Schnell waren sie interessiert an unserer Weltreisegeschichte und noch schneller sassen wir mit ihnen am Feuer, tranken Wein und redeten bis in die Nacht hinein. In dieser Zeit sahen wir die Weltraumstation ISS dreimal vorbeifliegen. Ian hatte ein App und teilte uns mit, wann sie wieder kommt und irgendwie fanden wir es an dem Abend sehr faszinierend. Wusstet ihr, dass die ISS die Erde in etwa 1h 40 Minuten umkreist? Die Vorstellung, dass dort oben Menschen auf die Erde hinunterschauen können, ist schon noch speziell. Der Himmel war sternenklar und wir konnten viele Sternschnuppen beobachten. Mit jeder Sternschnuppe wünschten wir uns ein Jahr mehr Weltreise, so dass wir nun 10 weitere Jahre reisen werden 😉 Für uns war es trotz Reifenpanne ein schöner Abend geworden. Die Leute waren mega nett und es war interessant, sich mit Einheimischen austauschen zu können. Um 2.00 Uhr gingen wir schlafen.

Da wir nun einen zerfetzten Reifen hatten, war für uns klar, dass wir so rasch wie möglich einen neuen benötigten. Mike gab uns den Tipp, in Kamloops bei den Reifenhändlern nach gebrauchten zu fragen. Das sei sicher viel günstiger, als einen neuen zu kaufen. Deshalb fuhren wir am nächsten Tag zuerst nach Kamloops, was nicht sehr weit entfernt lag und fragten in sieben Geschäften nach einem gebrauchten Reifen. Leider hatte niemand die richtige Grösse, weshalb wir einen neuen kaufen mussten. Für CAD 187.- (CHF 141.-) kauften und wechselten sie uns den Reifen. Für uns eine Investition, die so kurz vor dem Verkauf nicht hätte sein müssen, aber ändern konnten wir es nicht. In einem Autoersatzteilgeschäft besorgten wir uns das Duct Tape, welches uns empfohlen wurde. “Rusty” stellten wir erst Mal unter die Dusche und brachten ihn auf Hochglanz, bevor wir das Tape anbrachten. Ja, wir mussten unseren Van tatsächlich mit Tape schon zusammenflicken, dass er nicht noch mehr auseinanderfällt 😉 Es sah besser aus mit dem Tape als mit dem riesigen Loch. Farblich passte das Tape auch super. So frisch rausgeputzt, sah “Rusty” wieder richtig schmuck aus. Es war nun an der Zeit, dass wir uns auch wieder mal eine Dusche und gönnten und schwammen im Hallenbad ein paar Längen zwischen den Saunagängen. Abends machten wir uns auf den Weg in Richtung Clearwater (2. Versuch). Unterwegs übernachteten wir auf einer Rest Area, bevor es am nächsten Morgen zum Wells Gray Provincial Park ging. Der Park ist bekannt für die vielen Wasserfälle, wo etliche Trails hinführen. Der wohl bekannteste ist der Helmcken Fall. In einer vulkanischen Umgebung, welche grün bewachsen ist, stürzt der Wasserfall in die Tiefe. Unweit davon kann man zu den Dawson Falls laufen. Bereits um 11.00 Uhr waren wir im Pyramid Campground, wo wir uns noch einen schönen Spot aussuchen konnten (CAD 20.-/CHF 16.- pro Nacht).
Am nächsten Tag waren wir noch bei den Moul Falls, welche uns total gut gefallen haben. Man läuft 5,8km (return) und der Weg ist bis auf ein kurzes Stück am Ende sehr einfach zum Wandern. Man kann sogar hinter dem Wasserfall durchlaufen, allerdings kommt man am anderen Ende völlig durchnässt raus. Es gab auch Leute (inkl. Eik), die in das eiskalte Wasser sprangen, um dem Wasserfall so richtig nahe zu sein.

 

Nun war es langsam an der Zeit, den Weg in Richtung Vancouver einzuschlagen, denn es blieben uns noch 5 Tage bis zur “Rusty-Übergabe” an die neuen Besitzer. Am Crystal Lake fanden wir eine schöne Recreation Site, wo wir zwei Nächte blieben. In Canada sind sämtliche Recreation Sites kostenlos und meistens an wunderschönen Plätzen, einfach fantastisch. Am zweiten Tag hiess es: Rusty drinnen in Hochform zu bringen und schon mal ein paar Sachen zu packen. Wir standen da und staunten, wie viel Zeug sich in 13 Monaten angesammelt hatte. Unglaublich! Etwa einen halben Tag waren wir beschäftigt mit Reinigen, Aussortieren und Packen. In einer solch schönen Umgebung macht einem auch das Putzen Spass.

Auf dem Weg nach Vancouver übernachteten wir ein letztes Mal in der Natur auf einem schönen
Campingplatz in Flussnähe, bevor wir am nächsten Tag in die Stadt fuhren. Ab Freitag, 27. Juli 2018 hatten wir für drei Nächte ein Airbnb reserviert. So konnten wir unsere Sachen ausladen und “Rusty” noch den letzten Schliff geben, denn am Samstag stand die Übergabe auf dem Programm.
Zwei junge Deutsche haben uns “Rusty” abgekauft und werden mit ihm einen Monat durch Canada reisen. Sie waren für uns ideale Käufer, denn wir vereinbarten bereits 4 1/2 Wochen im Voraus, wann die Übergabe stattfinden soll. Ein Skype Anruf gab uns ein gegenseitiges Vertrauensgefühl und wir gingen dieses Risiko ein, dass sie im letzten Moment abspringen könnten. Allerdings hatten auch sie ein Risiko, dass wir den Van an irgendjemanden anderen verkaufen oder “Rusty” es nicht heil nach Vancouver schaffen würde. Nachdem Skype Anruf konnten wir unseren Flug in die Heimat buchen, wo wir 2 Wochen Ferien eingeplant hatten. Es war uns wichtig, wieder mal unsere Liebsten Zuhause sehen zu können, denn immerhin waren wir bereits 21 Monate in der grossen weiten Welt unterwegs.

 

Kurz zusammengefasst, was beim Van nach der Inserate Ausschreibung alles passierte: zwei Steinschläge (einer war Tischtennisball gross und einer war etwa 40cm lang), quietschen wegen Keilriemen, zwei von vier Türgriffen waren nicht mehr so richtig einsatzfähig (den einen konnte ich mit Kabelbindern reparieren), Reifenplatzer und Loch in der Carosserie. Schon vor einiger Zeit befestigte Eik den Auspuff mit Draht am Unterboden, denn im Oktober 2017 brach das Auspuffrohr durch (weil die Aufhängung wegen Rost gebrochen war). Damals konnten wir keinen passenden Auspuff in der nötigen Zeit organisieren, weshalb wir selber das Auspuffrohr mit Tape und einer Schelle wieder zusammengebastelt hatten 😉 Der Unterboden bestand schlichtweg fast nur aus Rost.

Der Van Verkauf am Samstag verlief einwandfrei und schweren Herzens mussten wir uns von “Rusty” verabschieden 🙁 Während 10 1/2 Monaten sind wir mit unserem Haus auf Rädern durch Nordamerika gereist und wir hatten eine super Zeit. Klar hatte er vor allem am Ende seine Tücken (vielleicht spürte er, dass wir ihn verkaufen werden…), aber wir haben auch viel dazugelernt. Immerhin legten wir mit ihm über 61’000km zurück. Man darf auch nicht vergessen, dass der Van bereits 23 Jahre alt war. Goodbye “Rusty”, du geile Charre!
Nach dem Verkauf waren wir nach langem wieder mal mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Wir schlenderten durch die Innenstadt von Vancouver und erfuhren per Zufall, dass am Abend ein grosses Feuerwerk steigen würde (Celebration of lights). Um 22.00 Uhr stiegen die Raketen gen Himmel und bei mir löste es Gänsehaut aus. Was für eine bombastische Verabschiedung nach dieser genialen Zeit in Nordamerika und dem erfolgreichen Van Verkauf. Die letzten zwei Tage in Vancouver waren wir viel zu Fuss unterwegs und obwohl wir bereits dreimal zuvor in dieser Stadt war, hatten wir erst am Ende richtig Zeit, sie zu erkunden. Besonders der Stanley Park hat uns super gefallen. Es ist eine grüne Oase mit einem schönen Blick auf Downtown, es gibt viele Fusswege und liegt am Meer.

 

Canada war ein wirklich schönes Reiseland, ohne Zweifel, aber bei weitem nicht so abwechslungsreich wie Amerika. Von unseren 10 1/2 Monaten verbrachten wir 7 1/2 Monate in Amerika und drei in Canada.
Sehr viele Leute verteufeln oder belächeln die Amerikaner, jedoch müssen wir sagen, dass Amerika eine fantastische Destination ist. Wir hatten ausgiebig Zeit, auf unseren zwei Roadtrips dieses Land zu erkunden und wir sind froh, soviel Zeit dort verbracht zu haben. Nebst dem, dass es für uns das günstigste Reiseland war, hat es auch unglaublich viel zu bieten. Wüsten, Regenwälder, Korallenriffe, Berge, Seen, Wälder, Canyons, Metropolen, Vulkane, eindrucksvolle Wasserfälle und dann noch Hawaii und Alaska. Welches Land hat schon so eine grosse Vielfalt zu bieten, von Tropen bis Polargebiet alles dabei und dann noch Polynesien? Wer sich ein Auto kauft, sich selber verpflegt und meist wild campiert, kann definitiv sehr günstig durch Nordamerika reisen. Canada ist etwas teurer, weil die Benzin- und Lebensmittelpreise höher sowie auch die Distanzen grösser sind. Der Liter Benzin kostet in Amerika im Schnitt 60 Rappen (EUR 0.50) und in Canada CHF 1.15 (EUR 1.-). Der Jahres-Nationalparkpass für USA haben wir x-fach rausgeholt, denn er hatte nur USD 80.- gekostet und wir waren in unglaublich vielen Nationalparks und Monuments, wo wir diesen einsetzen konnten. Wir haben “Rusty” im Juni 2017 in Vancouver für CAD 5’000.- (CHF 3’700.-/EUR 3’300.-) gekauft und etwa CAD 1’500.- (CHF 1’100.-/EUR 990.-) in den Innenausbau investiert. Für den Unterhalt in der gesamten Zeit haben wir selbstverständlich auch immer mal wieder Geld investiert (neue Reifen, Ölwechsel, neue Bremsen etc.), was wir nicht in Zahlen beziffern können. Die Autoversicherung kostete uns etwa CAD 1’400.-/Jahr (CHF 1’000.-/EUR 925.-). Verkauft haben wir den Van in Vancouver für CAD 5’800.- (CHF 4’300.-/EUR 3’800.-). Wir würden sagen, das war ein fairer Deal 😉

Mit einem lachenden und einem weinende Auge verabschiedeten wir uns am Abend des 30. Juli 2018 von Nordamerika und hoben in Richtung Frankfurt ab. In Frankfurt mussten wir uns das erste Mal nach 21 Monaten voneinander verabschieden, denn Eik fuhr mit dem Zug nach Halle an der Saale und ich flog weiter nach Zürich, wo wir freudig von unseren Liebsten empfangen wurden.

Highlights: Grizzlyfamilie, Fondue mit Sicht auf den Salmon Gletscher, Emerald Lake, Seengebiet Southern Lakes, tolle Familie aus Paris und Mike mit seiner Familie/Freunden kennengelernt zu haben, Check einlösen hat geklappt

Lowlights: Mückenplage, Reifenplatzer kurz vor dem Verkauf, Goodbye “Rusty” 🙁